Wednesday, June 16, 2010

Die Umweltkrankheit MCS


Wenn sich die Mediziner nicht darüber einigen können, wie eine Krankheit zu diagnostizieren ist, bedeutet das nicht gleichermaßen, dass sie nicht existiert. Gerade bei Umwelterkrankungen der Moderne fehlt es der Schulme-dizin bisweilen an den statistischen Kennzahlen. Beispiel: Chemikalienunverträglichkeiten, kurz MCS.

MCS steht für Multiple Chemical Sensitivity. Die Rede ist von einer chronischen Krankheit mit starken Unverträglichkeiten, ausgelöst beispielsweise durch Duftstoffe, Zigarettenrauch, Lösemittel oder Abgase. Karl H. Eberhard Baubiologe : „Auch nicht riechende oder nur langsam aus allen möglichen Produkten ausgasende Stoffe zählen zu den weit verbreiteten Ursachen der MCS. Die betroffenen Menschen leiden bereits unter niedrigsten Konzentrationen, bei denen gesunde Menschen üblicherweise keinerlei Reaktion zeigen.“ Es gebe zudem Verbindungen zum SBS (Sick-Building-Syndrom = „Krankes-Haus-Syndrom“), so Eberhard weiter. „Beim SBS leiden die Menschen unter den Ausgasungen von Baustoffen und Einrichtungsmaterialien. Und das gerade in neu errichteten oder renovierten Gebäuden.“ Wobei dieses Problem recht einfach lösbar sei, indem die Materialien ausgetauscht werden.

MCS ist in den USA seit 1992 und in Deutschland seit 1996 allgemein als Behinderung anerkannt. „Verschiede-ne Studien aus den USA gehen davon aus, dass in der
Allgemeinbevölkerung inzwischen 15-30% der Menschen leicht bis mittelmäßig chemikalienintolerant sind.“
Symptome der MCS, so Eberhard, sind eine Vielzahl unspezifischer Probleme wie Müdigkeit, Kopfschmerzen, Abgeschlagenheit, Konzentrationsstörungen, Augenbrennen, Verlust an Merkfähigkeit, Schwindel, Haut- und Atemwegs-Probleme, Beschwerden am Bewegungsapparat, am Magen-Darm-Trakt, an Haut- und Schleimhäuten. Häufig sei auch eine Elektrosensibilität hiermit verbunden. Eberhard: „Es gibt bisher kein wissenschaftlich belegtes Ursachen-Konzept.“ Chemikalien-Sensitivität könne daher durch eine einmalige hohe Konzentration oder durch chronische Aufnahme von Chemikalien im Niedrigdosisbereich ausgelöst werden.
Als anfängliche Auslöser der Erkrankung werden in erster Linie Pestizide, Lösemittel, Medikamente (z.B. Chemotherapie), Isocyanate (Hilfsmittel der Farben und Lack-Industrie) und Formaldehyde genannt. MCS trete, so Eberhard, häufiger bei Personen mit zusätzlichen chronischen Erkrankungen auf, die z.B. schon unter Asthma, Allergien, psychischen Störungen oder Depressionen leiden. Häufig betroffene Berufsgruppen sind unter anderem Maler, Chemiearbeiter, Krankenschwestern, Ärzte, Bauern und Bauarbeiter. Frauen sind im Allgemeinen stärker betroffen als Männer.

Der Alltag bringt die Probleme bereits mit sich: Oft können Patienten ganz normale Belastungen mit Chemikalien nicht vertragen. Duftstoffe in Parfüms, Seifen und Rasierwässern, die Ausdünstungen von Möbeln und anderen Einrichtungsgegenständen oder Desinfektionsmittel in Arztpraxen und Krankenhäusern machen den Patienten das Leben schwer. Diese chronische Erkrankung führe, so Eberhard, zu Konflikten in der Familie, im Freundeskreis und am Arbeitsplatz.

Was tun? „Bei der Diagnose können Umweltmediziner durch Umweltanamnesen oder Baubiologen durch Wohnraum-Anamnese und Raumluft-Messungen der Schad-stoffbelastung in der Wohnung helfen“, rät der Experte Karl H. Eberhard.
Der Baubiologe empfiehlt zur Vorsorge und Vermeidung von MCS einige praktische Hilfen: Lüften steht an erster Stelle, evtl. durch ein Lüftungssystem. Ferner sollten be-sorgte Menschen chemiehaltige Produkte wie Farben, Lacke, Lösemittel, Fleck- und Nagellackentferner, Reini-gungsmittel, Kleber oder Insektizide meiden. Gleiches gelte für spezielle Duftöle. Filter von Klimaanlagen oder Luft- und Wasserfilter im Haus seien häufiger als sonst zu wechseln.
Eberhard: „Informieren Sie sich genau über die Inhalts-stoffe bei Anschaffung von Möbel- oder Kleidungsstü-cken, neuen Autos oder beim Bau eines Hauses. Und natürlich sind neue Textilien immer erst zu waschen, da sie oft Biozide und andere chemische Stoffe wie Weich-macher, optische Aufheller oder Duftstoffe enthalten.“ Bei der Körperpflege nutze er selbst lieber Naturkosmetik mit dem BDIH-Zeichen. Bei einem Verdacht auf Wohngifte könne man letztendlich sofort den Baubiologen einschal-ten.

Ihr Karl H. Eberhard